Wir verabschieden uns von Fred & Linda. Das frisch pensionierte Schauspielschule-Lehrerpaar war unser Gastgeber in Kelowna. In ihrem grossen Haus bewohnten wir eine Einliegerwohnung. Nicht nur der guten Gespräche unter der Pergola und des Swimmingpools wegen wird man sich in guter Erinnerung bleiben. Sondern auch, weil wir ihre allerersten Airbnb-Gäste waren. Und so fahren wir zufrieden via Kamloops nach Clinton. Zum "Gateway to Cariboo Country". Wo wir von Luan & Lorne im nächsten B&B empfangen werden. Langsam aber sicher schaut die Szenerie aus, wie man sie sich von Kanada erwartet.

Bevor wir in den Norden stechen, besuchen wir das Okanagan Valley. Früchte- und Weinkammer West-Kanadas. Die klimatischen Bedingungen sind vergleichbar mit dem Tessin. Was man in Kanada nicht unbedingt erwartet. Die Wineries schiessen wie Pilze aus dem Boden und bilden die Basis eines Booms, der das ganze Tal erfasst. Chardonney, Riesling, Pinot Noir, Merlot und Cabernet werden dem geneigten Gaumen gereicht.






Gewisse Weine sind zum Davonlaufen.

Mit dem erneuten Packen unserer sieben Sachen startet das vierte und letzte Kapitel unseres Westcoast-Sabbats. Ein Kapitel, das uns hinauf bringen wird in den Norden von British Columbia, einen Kreis beschreibend mit Bella Coola als obersten Punkt.
Zugleich schliessen wir Kapitel drei. Wir räumen unsere Airbnb.com-Bleibe und sind froh, es mit ihr erneut sehr gut getroffen zu haben. Speziell die patente Lage, die Veranda und der schöne Garten haben es uns angetan. Über alledem aber steht die Sadt Vancouver mit ihrer unvergleichlichen Szenerie und ihrer Entspanntheit. Aller Voraussicht nach werden wir schon bald wiederkommen.


Mietauto Nummer 5 auf unserer Reise. Jonas, unser Autonarr, besteigt das Fahrzeug bevor das Gepäck verladen ist und drängt wie gehabt auf die Abfahrt.


Goodbye E 796 22nd

Vancouver ist eine familienfreundliche Stadt. Wegen ihrer grundsätzlichen Entschleunigtheit. Wir haben noch nie eine derart ungestresste und entspannte Metropole erlebt. Auch wegen ihrer Freundlichkeit. Auf die die Vancouverites mächtig stolz sind. Egal ob Hells Angel oder Gangsterrapper, selbst die bösen Buben sind geradezu lächerlich zahm und helfen Dir, den Buggy in den Bus zu hieven. Zudem stehen in der Stadt unzählige outdoor und indoor Spielplätze zur Verfügung, die so cool sind, dass man als Mutter oder Vater auf der Hüpfburg die Zeit... und sein Kind... vergisst.


Im Winter Eishockey, im Sommer Hüpfburg

Das dritte Ausbildungsmodul an der UBC startet. Schwerpunkt Strategic Decision Making. Wie schon in den Marketing- und Leadership-orientierten Modulen davor sitze ich inmitten von... Hafenarbeitern. Port Metro Vancouver, Westport Innovations, Maher Terminals, British Columbia Maritime Employers Association, Port Coquitlam, Prince Rupert Port Authority... meine Kollegen hier managen Operation & Maintenance von Meer-Häfen. Ehemalige Longshoremen (Hafenarbeiter), kontinuierlich auf der Karriereleiter nach oben gearbeitet. Diejenigen die nicht für einen Containerhafen arbeiten sind ebenfalls handfest unterwegs. Managers von Sägewerken oder Minen. An einer Hand abzählen kann man die Vertreter der Telecom, IT, Finance oder Retail-Industrie. Die soeben genannte Verteilung widerspiegelt ziemlich exakt das Wirtschaftsgefüge der Region. 1. Handel (der Hafen von Vancouver ist der grösste Exporthafen Nordamerikas), 2. Forstwirtschaft, 3. Bergbau, 4. Service-Industrie (Banking, Telecom), 5. Filmindustrie (10% der Hollywood-Filme werden in Vancouver gedreht). Was für ein Kontrast zu Berkeley, wo man von IT-, Software und Startup-Managers umgeben war (Symantec, Linkedin usw.). Und was für ein Kontrast zu Schweizer Symposien mit den Exponenten aus den traditionellen Industrie- und Dienstleistungssektoren.






Eine der (wenigen) neueren Erfolgsgeschichten Vancouvers, die Sportmodemarke Lululemon. Hier eine sehenswerte Keynote des Gründers zum Thema Leadership "My big learning was this: life is never a straight line. It gets messy and complex sometimes. If it didn’t, I probably wasn’t playing big enough"


Wo Häfen... da Bier. Molson-Brauerei.

Inbegriff der Vancouveranischen Lebensleichtigkeit sind das Naherholungsgebiet Stanley Park und die danebenliegenden Strände von Kitsiliano. A happy and healthy bunch of people halt. Jonas auf seiner ersten, und sicherlich nicht letzten, Velotour. Ebenfalls happy and healthy.






Apropos happy and healthy bunch of people. Unsere Nachbarn betreiben ein urban farming business. Ein bisschen green, ein bisschen hip, ein bisschen Kommune, ein bisschen schräg. Aber saucool, ihre Villa Kunterbunt.
Apropos green 1: Greenpeace wurde ebenfalls in Vancouver gegründet, annodazumal. Es liegt hier also in den Genen. In den Genen dieses happy and healthy bunch of people.

Woche 1 der Weiterbildung ist beendet. Neues Wissen und neue Blickwinkeln auf Marketing und Leadership sind gewonnen. Die Module an der UBC sind dabei um ein vielfaches interaktiver, gruppendynamischer und lebendiger als diejenigen an der UC Berkeley, dafür geht man weniger in die Tiefe der jeweiligen Thematik. Untem Strich ein Riesengaudi. Voll und ganz Vancouver halt. A happy, healthy and curious bunch of people. Wir geniessen diese Atmosphäre und fragen uns: Weshalb ist in gewissen Management-Kreisen "hands-on" so in, und "Wissen und Bildung" so out? Weshalb sind Amerikaner und Kanadier aller Schichten deutlich stolzer auf ihre Universitäten als Europäer? Weshalb integrieren sich Inder, Hong-Kong Chinesen, Kroaten, Niederländer, Nigerianer und Chilenen so schnell im Schmelztiegel Vancouver und entwickeln so rasch einen common sense für ihre Stadt? Wieso arbeiten die Vancouverites nur von 9 bis 5, und konsequent nicht mehr als 40 Stunden die Woche? Wieso bleiben wir hier nicht noch etwas länger?




A place of mind. MIND!

Schweiz und Kanada, eine Verbindung die funktioniert. Klare Parallelen im Werte- und Wirtschaftssystem als auch im Selbst- und Staatsverständnis. Und in Bezug auf die Reisefreudigkeit. Mit dem elementaren Unterschied, dass Kanada eine Bevölkerungsdichte von 3.35 Menschen pro km2 aufweist im Vergleich zu 188 in der Schweiz (im Mittelland gar 426 Einwohner pro km2). Dieser fundamentale Unterschied in Bezug auf Lebensraum wird massgeblich sein für die zukünftigen Entwicklungslinien der beiden Länder. Die Perspektiven für die Schweiz sind dabei wenig erbaulich: Singapurianisierung (einfach ohne Sonne) oder Auswandererland wie es schon zwischen 1600 und 1900 netto der Fall war. Ein sanfter Übergang zu einer wirtschaftlich und bevölkerungstechinsch verträglichen Entwicklung wird anspruchsvoll sein.